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Das Problem der phraseologischen Bedeutung

Язык: русский
Формат: курсова
Тип документа: Word Doc
107 2318
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Plan

I. Gegenstand, Ziele und Fragestellungen der phraseologischen Forschung.

1) Allgemeines ueber sprachliche Zeichen.

2) Feste Wortkomplexe als sprachliche Zeichen.

3) Zur Forschungslage in der deutschsprachigen Germanistik.

II. Semantische Kategorien der phraseologischen Wortfuegungen.

1) Das Problem der phraseologischen Bedeutung.

2) Die semantische Ganzheitlichkeit und Autonomie der Konstituenten

3) Innerhalb des Phraseologismus.

1) Gegenstand, Ziele und Fragestellungen der phraseologischen Forschung

Allgemeines ueber sprachliche Zeichen

Die menschliche Sprache kann der vielseitigen Kommunikation einer
Sprachgemeinschaft gerecht werden, indem sie spezialisierte sprachliche
Mittel geschaffen hat, die diesem komplizierten, viele Funktionen
ausuebenden System erst grosse Eigenstaendigkeit und einmalige Spezifik
verleihen. Zu solchen sprachlichen Mitteln gehoeren in erster Linie die
sprachlichen Zeichen, was unmittelbar mit der Zeichennatur der Sprache
zusammenhaengt.

Unter der Zeichennatur der natuerlichen Sprache versteht man, wie das in
der einschlaegigen Litereatur formuliert ist, das Bezogensein der
sprachlichen Elemente (der Morpheme, Woerter, Wortgruppen) und damit
auch der Sprache insgesamt auf eine aussersprachliche Reihe von
Erscheinungen, Gegenstaenden und Situationen in der objektiven Realitaet
in einer bestimmten Form oder Stufe der Vermittlung.

Zu weiteren Zeichenfunktionen sprachlicher Einheiten gehoeren ihre
Eigenschaft, Ergebnisse der Erkenntnistaetigkeit des Menschen
verallgemeinert auszudruecken und schliesslich die Faehigkeit der
sprachlichen Elemente, aufgrund der in ihnen fivierten Bedeutungen eine
bestimmte Information zu tragen, verschiedenen kommunikativen und
expresiven Aufgaben der Verstaendigung gerecht zu werden. Somit sichern
die sprachlichen Elemente bzw. Zeichen die vier wichtigsten Funktionen
der menschlichen Sprache:

> Die Funktion der Benennung;

> Die Funktion der Verallgemeinerung;

> Die Funktion der Kommunikation;

> Die Funktion der Pragmatik.

Unter allen bilateralen, d.h. Form und Bedeutung besitzenden
sprachlichen Elementen, nimmt das Wort eine zentrale Stellung ein. Es
ist gegenueber den anderen Zeichen der Sprache grundlegend, denn es ist
in bezug auf seine Funktionen universel und in bezug auf den Umfang
dieser Funktionen unikal. Nur das Wortzeichen (und nicht das Morphem)
kann zugleich saemtliche sprachliche Funktionen haben: die nominative ,
die signikative, die kommunikative und die pragmatische je nach dem
Charakter seiner Semantik (als Appellativum, Eigenname, deiktisches
Wort, kopulatives Wort usw.) hat das Wort unterschiedliche
innerstrukturelle Funktionen.

Zum weiteren Funktionsbereich des Wortes gehoert ausserdem seine
Faehigkeit als Konstituente anderer sprachlichen Zeichen zu dienen: bei
der Wortbildung, vgl. die Zusammensetzung Wandkalender und andere
sprachlichen Einheiten, und bei der Bildung phraseologischer Einheiten,
vgl. etw. auf Eis legen, etw. in Empfang nehmen.

Eine der wichtigsten Eigenschaften der sprachlichen Zeichen, die sie von
allen anderen semiotischen Zeichen oder den Zeichen aller anderen
semiotischen Systeme unterscheidet, ist die „Nichtparallelitaet zwischen
Lautung und Bedeutung” oder Ikongruenz zwischen Ausdrucks- und
Inhaltsplan des Zeichens. Diese Eigenschaft der Woerter und Fester
Wortkomplexe, die als Spracheinheiten fungieren, sind unter
verschiedenen Termini bekannt: Polysemie und Homonymie, Synkretismus
u.a. Sehr bekannt ist auch die Bezeichnung „asymmetrischer Dualismus des
sprachlichen Zeichens”, die fuer die Nichtparallelitaet beider Seiten
des Zeichens von S.Karcevskij eingefuehrt wurde. Danach korrelieren
beide Seiten der Zeichen einer natuerlichen Sprache nach folgender
Proportion: „einsmehrere” (ein Bezeichnendes – mehrere Bezeichnete) oder
„mehrere -eins” (mehere Bezeichnende – ein Bezeichnetes). Die Folgen
solocher Beziehungen finden ihren Ausdruck:

a) in der Polysemie (ein Bezeichnendes – mehrere Bezeichnete), vgl.

„fester, innerercTeil eines Koerpers (einer Frucht, einer Zelle, phys.
eines Atoms)” der Kern

(uebertr.) „wichtigster zentraler Teil (Zentrum, das Grundlegende,
Wesentliche)”

b) in der Homonymie (ein Bezeichnendes (4) – mehrere Bezeichnete), vgl.

„Verwandschaftsbezeichnung” Die Mutter

„Hohlschraube mit Innengewinde”

c) in der Synonymie (ein Bezeichnetes – mehrere Bezeichnenede), vgl.

Das Haupt (geh.)

Der Kopf

Die Birne (salopp) „der das Gehirn enthaltende

Der Kuerbis (salopp) Koerperteil”

Das Dach (salopp)

d) in festen Wortkomplexen (ein Bezeichnetes – mehrere Bezeichnende),
vgl.

die weissen Maeuse (scherzh.) – „die Verkehrspolizei” auf der faulen
Haut liegen (salopp) – „faulenzen”.

Der asymmetrische Dualismus ist auch den sprachlichen Elementen der
anderen Ebenen eigen. Diese Eigenschaft der sprachlichen Zeichen bewirkt
fast unbegrenzte Moeglichkeiten der menschlichen Sprache, als ein
universelles System der Bezeichnungen der objektiven Welt zu dienen.

Den Unterschied der sprachlichen Zeichen von denen der anderen
semiotischen Systeme hat sehr anschaulich F.Kainz charakterisiert: „…
Seezeichen, militaerische Signale, Verkehrszeichen sind starre,
schematische und unproduktive Systeme.

Ihre Zeichen sind nicht abwandlungsfaehig und nicht kombinierbar: sie
muessen als solche verwendet werden und dulden keine schoepferische
Neuerung, um etwa einer Situation gerecht zu werden, die bei
Vereinbarung des Signalschluessels noch nicht vorauszusehen war. Wollte
ein Bataillonsfuehrer, um zum Ausdruck zu bringen, dass nur die Haelfte
der Truppen stuermen, die andere als Reserve zurueckbleiben solle, nur
die Haelfte des Sturmsignales blasen lassen, so wuerde er damit kein
Verstaendnis finden sollen, sondern lediglich Verwirrung stiften. Das
Zeichen kann nur als Ganzes, unveraendert und unabgewandelt in
Wirksamkeit treten. Die Worte dagegen koennen als wandlungsfaehiges
Aufbaumaterial zu verschiedenen Verstaendingungen nicht festgelegter Art
verwendet werden. Obwohl auch sie konventionelle Zeichen sind, deren
Bedeutung in einer ersten Schicht codemaessig – lexikalisch festgelegt
sind, vermoegen sie doch mannigfach, kombiniert, abgewandelt und
differenziert zu werden.”

Aus Gruenden der Uebersichtlichkeit wird hier nicht naeher eingegangen
auf andere unterschiedliche Merkmale der sprachlichen Zeichen, wodurch
sie sich von den uebrigen rein konventionellen Zeichen abheben. Was aber
die beiden Grossen vergleichbar erscheinen laesst, ist eben die
Zeichenfunktion der beiden.

Feste Wortkomplexe als sprachliche Zeichen

Durch die Asymmetrie der sprachlichen Zeichen ist der menschlichen
Sprache die Moeglichkeit gegeben, verschiedenartigsten Nominationen
gerecht zu werden. Fuer eine Reihe semantischer Werte, wo es sich
vornehmlich nicht um primaere, sondern sekundaere Funktionen der
sprachlichen Zeichen (Konnotation) handelt, werden sekundaere Zeichen
geschaffen, die diese Eigenschaft realisieren: das Formativ ist
mehrgliedrig, d.h. besteht aus zwei oder mehreren Konstituenten bzw.
Komponenten, die Semantik ist ganzheitlich. Klassische Beispiele der
Asymmetrie der beiden Seiten der sprachlichen Zeichen dieser Art sind:

1)

weisse Maus (ugs., scherzh.) „motorisierter Verkehrspolizist” Formativ
Semantik 2)

auf der faulen Haut liegen (ugs.) „faulenzen” Formativ Semantik

Die Semantik der sekundaeren Zeichen ist nicht immer ganzheitlich, sie
kann auch analytisch sien:

3)

blinder Passagier „reiseunberechtigter Passagier” Formativ Semantik

eine aegyptische Finsternis „eine absolute Finsternis” Formativ Semantik

Was aber die Beispiele 1,2,3,4 vereint, ist die Tatsache, dass in allen
Faellen das regulaere Formativ-Semantik-Verhaeltnis fehlt: die Bedeutung
der angefuehrten Spracheinheiten ist aus den syntaktisch-semantischen
Modellen allein sowie aus ihren Fuellungen nicht herzuleiten. Dieser
Umstand ist darauf zurueckzufuehren, dass die syntaktischen Gebilde, die
die Formative der betreffenden Zeichen repraesentieren, zusaetzlichen
sprachlichen Prozessen unterzogen werden, die eine

bestimmte linguistische Technik der sekundaeren Nomination bilden. Das
sind in den Beispielen 1,2 die semantischeUmdeutung bzw. die semantische
Transformation des gesamten Konstituentenbestandes in den Wortgruppen
und in den Beispielen 3,4 die semantische Transformation einer
Konstituente der Wortgruppe, die aber eintritt in singulaerer
Verknuepfung mit der anderen nicht transformierten Konstituente.

Die konkreten technischen Verfahren der Nomination sind fuer alle
Sprachen universal, aber jeweilige Sprachtyp bestimmt die Beforzugung
bestimmter Arten der linguistischen Technik. Auf diesem Wege werden nun
sekundaere sprachliche Zeichen gewonnen, die neue semantische Werte
bilden und neue Funktionen in der Sprache erfuellen.

Solche Spracheinheiten nennen wir feste (stehende) Wortkomplexe (FWK).
In der einschlaegigen Literatur werden dafuer auch zahlreiche andere
Termini gebraucht:

komplexe Zeichen, Phraseologismen, phraseologischen Wortfuegungen,
Idiome, idiomatische Wendungen, Wortgruppenlexeme, Paralexeme u.a.m.

Was sind die Triebkraefte, die solche sekundaeren sprachlichen Zeichen
entstehen lassen, welches sind die semantischen Charakteristika, die
durch Kombinationenminimaler Zeichen geschaffen werden? Die
Auseinandersetzung mit diesen Problemen bildet das zentrale Anliegen der
phraseologischen Forschung.

Im Zusammenhang mit der Betrachtung der semantischen Beschaffenheit der
FWK gewinnt an Aktualitaet das Problem der inneren Form komplexer
Zeichen als grundlegendes Merkmal der Nomination. Es geht hier primaer
um Erschliessung allgemeiner Regelmaessigkeiten bzw. Modellierbarkeit in
der phraseologischen Bedeutung. Problemkreis 2 ist dementsprechend die
Erforschung des Nationalen und Universalen im phraseologischen Bestand
der Sprache.

Anschliessend ist auch die folgende Frage zu diskutieren: Feste
Wortkomplexe stellen keine homogene Gruppe der Spracheinheiten dar.

Sie sind strukturell, semantisch und funktional sehr verschieden. Laesst
sich diese Vielfalt eindeutig auf einen Nenner bringen im Sinne ihrer
linguistischen Analyse in einer wissenschaftlichen Disziplin?

Problemkrers 3 waere die Eroerterung des Verhaeltnisses: zahlenmaessige
Besetzung verschiedener Textsorten mit festen Wortkomplexen und die
Analyse ihrer funktionalen Leistungen. Dieser Problemkreis ist insofern
wichtig, als die verhaeltnismaessig kleine Haeufigkeitsfrequenzen fester
Wortkomplexe eine Tatsache ist. Demnach waere aufgrund der
linguistischen Analyse festzustellen, warum trotzdem das Aufkommen und
Funktionieren dieser sekundaeren Zeichen zur universalen Eigenschaft der
menschlichen Sprache gehoert.

Zur Forschungslage in der deutschsprachigen Germanistik

Es gab einzelne Versuche bei der Phraseologieforschung zu
beruecksichtigen, aber lange Zeit fehlten trotzdem groessere Arbeiten,
die sich mit phraseologischer Problematik auseinandersetzen.

Phraseologieforschung in der deutschsprachigen Germanistik wurde durch
folgende grundsaetzliche Momente gekennzeichnet: 1. Mangelndes Profil
als wissenschaftliche Disziplin.

Unzureichende Ausarbeitung theoretischer Probleme im Hinblick auf die
anderen Aspekten der phraseologischen Theorie. Ein bestimmtes Interesse
fuer Phraseologieforschung macht sich bemerkbar in den 70-er Jahren,
wovon eine Reihe von Publikationen zeugt, in denen die Bedeutung der
Phraseologie fuer die Sprachtheorie hervorgehoben wird. So heisst es
z.B. im „Lexik der germanistischen Linguistik” II. Teil „Struktur der
Sprache”, „Das Vorhandensein von komplexen Einheiten, deren Bedeutung
nicht aufgrund ihrer einzelnen Morpheme vorausgesagt werden kann”
(Langacker, 1971;60), ihre Relevanz fuer den Sprachteilhaber und die
Notwendigkeit ihrer theoretischen Erfassung sind in der Forschung
allgemein anerkannt”.

Von der Bedeutung der Idiome und der Relevanz ihrer linguistischen
Beschreibung fuer kuenftige Theorien der Sprachverwendung spricht
H.Burger und andere Linguisten, deren Arbeiten wir nachstehend naehet
betrachten.

Das Buch von Harald Burger (unter Mitwirkung Harald Jaksche) ist nach
dem fundamentalen Werk der aelteren Germanistik von Friedrich Seiler
praktisch die erste groessere Publikation, die die phraseologische
Problematik der deutschen Gegenwartssprache aus der Sicht der modernen
Sprachtheorie betrachtet.

Fuer das Buch Burgers ist eine exakte Formulierung der Grundsatzfragen
des phraseologischen Bereichs kennzeichnend.

Der Zweig der Germanistik, der denjenigen sprachlichen Erscheinungen
befasst, die im Sprechakt eher durch Mechanismen der „Palette des
Vorgeformten in der Sprache”, nennt Burger im Anschluss an Ch. Bally
Phraseologie und die diesem Bereich angehoerigen Spracheinheiten
„Phraseologismen” oder „feste” und „stehende” Verbindungen.

Der Bereich der Phraseologie wird gegenueber Aussersprachlichem und
Innersprachlichem abgegrenzt. Im innersprachlichen Bereich werden
phraseologische Verbindungen gegenueber nichtphraseologischen Ketten
(d.h. Verbindungen von zwei oder mehr Monomen) abgegrenzt: Alle Ketten,
die aus Woertern nur durch das Wirken von Regeln gebildet werden, sind
nicht phraseologisch. Phraseologisch sind solche Wortketten, deren
Zustandekommen nicht oder nicht nur aufgrund von syntaktischen und
semantischen Regeln erklaerbar ist. Mit anderen Worten –
Wortverbindungen sind nicht phraseologisch zu klassifizieren, solange
sie regulaer, d.h. auf systematisierbaren semantischen und syntaktischen
Merkmalen basieren. Und umgekehrt – Wortverbindunge sind phraseologisch,
wenn sie nicht regulaer interpretierbar sind. Es wird allerdings mit
Recht betont, dass der Bereich des Phraseologischen nicht ueberall
eindeutig abgrenzbar ist, er habe offene Grenzen zum Bereich der
syntaktisch-semantischen Regularitaeten.

Innerhalb des Phraseologischen werden fliessende Uebergaenge zwischen
festen und weniger festen Verbindungen festgestellt.

Hauptgegenstand der Arbeit ist aber die zentrale Gruppe der
Phraseologismen, die „idiomatisch-phraseologisch” oder kurz
„idiomatisch” genannt wird. Das sind Verbindungen, deren Gesamtbedeutung
nicht regulaer interpretierbar ist. Die Richtung der linguistischen
Analyse ist betont semantisch. Das geschieht aus folgender Erkenntnis:
die meisten Idiome weisen syntaktisch regulaere Strukturen auf; die
Hauptschwierigkeiten, die Idiome im Rahmen der
generativtransformationellen Grammatik und der generativen Semantik
bereiten, liegen darin, dass sie semantisch und deswegen auch
transformationeil von den bestehenden Sprachmodellen nicht oder nicht
ganz erfasst werden koennen.

Von besonderem Interesse ist daher die Beschreibung der funktionalen und
transformationellen Defekte der Idiome (Kap.5), die durch die Semantik
dieser Spracheinheiten erschlossen werden.

Darueber hinaus enthaelt die Arbeit wertvolle Betrachtungen zum Problem
der stilistischen Leistungsfaehigkeit der Idiome (Kap.6: „aspekte einer
Stilistik des Idioms) und zum Problem der Uebersetzbarkeit (Kap.7:
„Idiome als Uebersetzungsproblem”). Zu beachten waeren ferner sehr
foerderliche Gedanken Burgers in bezug auf das wissenschaftliche
Programm der Phraseologieforschung (S. 105), primaer im Bereich der
gesprochenen Sprache, wobei – und das soll man besonders betonen – die
Gesamtforschung in der Phraseologie beruecksichtigt wird.

In derselben Zeit faellt das Erscheinen einer anderen groesseren
Publikation in der deutschen Phraseologie, der Arbeit von A.Rothkegel.
diese Untersuchung ist insofern von Interesse, als hier versucht wird,
die Methoden der strukturellen Semantik und der generativen
Transformationsgrammatik auf die Analyse idiomatischer Spracheinheiten
anzuwenden. Die Verfasserin setzt sich zum Ziel, eine
Strukturbeschreibung dieser Einheiten zu geben, die deren Analyse mit
Hilfe von Automaten ermoeglichen sollte. Analysiert werden nur feste
Wortkomplexe, die syntaktische Wortverbindungen bzw. Wortgruppen sind,
solche Einheiten, die als phraseologische oder idiomatische Wendungen
bekannt sind – „die Grenzen des Wortes ueberschreiten, die des Satzes
unterschreiten”. Zwecks der Objektivierung des Forschungsobjekts, wie
Rothkegel betont, werden Ausdruecke dieser Art, die in zahlreichen
Arbeiten verschieden bezeichnet werden („stehende Redewendungen
„Wortgruppenlexeme”, „idiomatische Wendungen” u.a.), feste Syntagmen
(FS) genannt, in Opposition zu variablen Syntagmen (VS) gesetzt und in
dieser Relation behandelt. Die Bedeutungskonzeption ist formuliert als
geeignetes Modell zur Beschreibung der Verknuepfungsmoeglichkeiten,
„Gesamtheit der eruierbaren Verwendungsweisen”. Dementsprechend werden
die Begriffe von Kontext und Kontextarten praezisiert. Die
Strukturbeschreibung der FS basiert auf der sog. syntagmatischen
Determination, die zum Unterschied von der traditionellen Grammatik
nicht als eine einseitige Relation des Verhaeltnisses
Determinatum-Determinas Attributiver Verbindungen verstanden wird,
sondern in einem weiteren und ganz allgemeinen Sinne: in einer
Verbindung der Lexeme A und B ordnet A das Lexem B einer bestimmten
Kontextklasse zu und umgekehrt. Diese Funktion ist nicht auf einzelne
Wortklassen beschraenkt, sondern soll allgemeine Geltung fuer
Verbindungen von Lexemen ueberhaupt haben und kann auch auf verbale
Fuegungen angewandt werden.

Bezogen auf die Darstellung der Bedeutung als Merkmalkomplex,
interpretiert Rothkegel die einzelnen Merkmale als Determinanten.
Hierbei sei methodisch zwischen zwei Aspekten zu unterscheiden: Die
Merkmale selbst sind kontextuelle Restriktionensmerkmale: in ihrer
Funktion, ein Lexem einer bestimmten Kontextklasse, die durch ein
bestimmtes Merkmal charakterisiert ist, zuzuordnen, sind sie zugleich
Determinanten. Jede syntagmatische Verbindung ist durch ein
Determinationsverhaeltnis charakterisiert. Die diesbezueglichen
Bedingungen stehen hierbei mit denen der Kontextbeschraenkung in
Verbindung. Die Kontextuellen Restriktionen, die sich auf
Bedeutungskomponenten beziehen (Forderungen nach Uebereinstimmung bzw.
Vertraeglichkeit von Merkmalen), werden der semantischen Komponente des
Determinationsverhaeltnisses zugerechnet. Dazu kommen ausserdem
syntaktische und lexikalische Restriktionen. Demnach wird sie
syntagmatische Determination durch drei Komponenten charakterisiert.
Durch die semantische (s), die lexikalische (l) und die syntaktische (v)
= syntaktische Verknuepfung. Die Restriktionen der drei bezeichneten
Komponenten ermoeglichen eine Unterscheidung von festen Syntagmen (FS)
und veriablen Syntagmen (VS), d.i. „freien syntaktischen Verbindungen”.
Die beiden haben gemein, dass sie syntagmatische Verbindungen meherer
Lexeme sind. FS unterscheiden sich aber durch eine spezifische
kontextuelle Gebundenheit ihrer Lexeme und die damit verbundenen
Merkmale des Gesamtausdrucks.

Aufgrund der Analyse auf der Basis der Kontextschraenkungen und
Einfuehrung der Kriterien endozentrischer und exozentrischer
Bedeutungsdetermination wird die Trennung der FS und FS2 vollfuehrt.

Die Einzellexeme der Fl sind nicht, ohne dass die Zuordnung des
Gesamtausdruck zu einer bestimmten Inhaltseinheit gestoert wird. Die
Klassendeterminante ist hier exozentrisch, d.h. sie bestimmt sich nach
einer neuen Klasse, der der Gesamtausdruck zugeordnet ist, und nicht
nach den Determinanten der Lexeme, die den Bestand der FS bilden. Die
neue Klassendeterminante ist nicht in Determinanten dieser Lexeme
zerlegbar.

Beispiele der FS1: kalte Ente (=”Bowle”), magische Auge
(=”Abstimmanzeigerohre der Rundfunksgeraetes bzw. Kontrollampe”), die
Zelte abbrechen (=”den Aufenthaltsort, den bisherigen Lebenskreis
aufgeben”).

FS2 lassen eine teilweise Kommunikation zu, sind endozentrisch
determiniert. Traditionell gesehen sind die Fuegungen mit geringerer
Festigkeit als exozentrisch determinierte, da sie ein Element enthalten,
das auch mit anderen Kontextpartnern in der gleiche Bedeutung wie im FS
kombiniert, z.B. Schi laufen.

Funktionsverbegefuege werden bei Rothkegel auch zu FS gezehlt, weil die
Bedeutung des Gesamtausdrucks nicht in einer einfacher Zusammenfuegung
der Merkmale den Einzelkomponenten erreicht wird. Die Theorie Rothkegels
„arbeitet” einwandfrei nur dann, wenn es um feste Wortkomplexe geht, die
syntaktisch Wortgruppen (Syntagmen) und semantische ganz oder teilweise
umgeformt und infolgedessen Singular sind. Das sind „klassische”
Phraseologismen des Typs kalte Ente (=”Bowle”), blinder Passagier
(=”reiseunberechtigter Passagier”), magische Auge (=”Kontrollampe ),
festen fuss fassen (=”heimisch werden”) u.dgl. Bei der Abgrenzung der
Vielfalt der FS2 von VS ergeben sich Inkonsequennzen. Vgl. hierzu die
Bemerkung von D. Heller: „… der Gegenstandsbereich der FS2 scheint
aeusserst heterogen zu sein, ihre Abgrenzung von der VS ist nur der VS
relativ zum Lexikom moeglich wie bei Weinreich und Bar-Hilld. Schi
laufen ist nach Rothkegels Definitionen im uebrigen als VS zu
klassifizieren, weil sowohl Schi gegen Schlittschuh als auch laufen
gegen fahren austauschbar ist, ohne das eine Zuordnung des jeweils
anderen Lexems zu einer Inhaltseinheit gestoert wird. Das kann als
belangslos gewertet werden, aber auch als ein Indiz dafuer, dass es
tunlich sein koennte, VS und FS2 nicht getrennt zu beschreiben”.

Semantische Kategorien der phraseologischen Wortfuegung.

Das Problem der phraseologischen Bedeutung

Der Terminus “phraseologische Bedeutung” wird in der einschlaegigen
Literatur fuer zwei verschiedene Begriffe gebraucht. Es bezeichnet

(l)die Bedeutung einer phraseologischen Wortfuegung schlechthin; (2) die
Bedeutung, dietypologisch unterschiedlich ist im Vergleich zu anderen
Bedeutungen, z.B. der lexikalischen, syntaktischen u.a.

ob die Bedeutung phraseologischer Fuegungen ueber eine typologische
Eigenstaendigkeit verfuegt, kann aufgrund des heutigen
Forschungsstandeskaum bestimmt werden. Die semantische Spezifik
phraseologischer Wortfuegungen resultiert aber bereits aus der
semantischen Charakteristik der phraseologischen Subklassen. Auf dieser
Grundlage kann man versuchen, die wichtigsten Merkmale der
phraseologischen Bedeutung, d.i. die Bedeutung phraseologischer
Wortfuegungen, zusammenfassend zu betrachten.

Die Gemeinsame in der phraseologischen Bedeutung der zwei wichtigsten
Subklassen der phraseologischen Einheiten und der festgepraegten Saetze
bildet die konnotative, genauer, wertende Komponente.

Diese ist je nach dem syntaktischen Typ der bezeichneten Phraseologismen
spezialisiert und macht sie (diese Phraseologismen) zum vielseitig
strukturierten Inventar konnotativer sprachlicher Zeichen. Demnach sind
diese sprachlichen Zeichen nach ihrer Natur und Zweckmaessigkeit im
jeweiligen Sprachsystem in erster Linie wertende, charakterisierende und
intensivierende zu bezeichnet.

Der onomasiologische Aspekt der phraseologischen Forschung gewaehrt
einen Einblick in die linguistische Technik, wie die Konnotation,
genauer, die konnotative Komponente der phraseologischen Bedeutung,
zustande kommt. Dieser Aspekt der Analyse wird in den neueren Arbeiten
mit dem Problem der Regelmaessigkeiten in der semantischen Motivierheit
der phraseologischen Bedeutung verbunden.Zwei zeichenbildende Faktoren
sind heirbei weiterfuehrend:

· die Art der Lexeme, die den Phraseologismen konstituiren;

· die syntaktische Basis, die die genetische Basis des Phraseologismus
bilden.

Fuer (a) ist festgestellt worden, dass einige Klassen der
Phraseologismen auf der Basis der Grundlexeme gebildet und durch diese
motiviert werden. Es handelt sich hierbei um solche Lexeme wie
Bezeichnungen fuer Koerperteile, Tier- und Pflanzennamen, bei denen der
Sembestend die Entwicklung der Phraseologismen sowie phraseologischer
Reihen oder Serien programiert. Ein beweiskraeftiges Material des
regulaeren Charakters der semantischen Motivierheit diesen Typs ist in
der germanistischen Forschung am Beispiel der Phraseologismen mit der
Grundkonstituente „Kopf” ermittelt worden, deren serienhafter Charakter
durch den Sembestand des Wortes determiniert ist.

So formiert sich z.B. aufgrund des Sems „oberster Koerperteil” die
semantische Entwicklungslinie „Raum”, „Kontrastierung des Raumes”, die
ein Phraseosom bildet auf dessen Basis dann folgende phraseologische
Reihe entsteht:

Von Kopf bis fuss; Kopf und Schwanz; bis ueber den Kopf in Schulden
stecken; jmdm. ueber den Kopf wachsen.

Fuer (b) ist der regulaere Charakter der semantischen Motiviertheit
durch die syntaktische Basis der Phraseologismen zu verstehen als Mittel
zur Schaffung derinneren Form des Phraseologismus bzw. des
phraseologischen Semantik offenbar ebenfalls viel Regulaeres, denn auch
in diesem Fall handelt es sich um bestimmte Muster in der Transformation
der konkreten Vorstellungen in abstrakte Begriffe, die logisch und
assoziativ determiniert in verschiedenen Sprachen aehnlich verlaufen.
Das zeigen einige juengere Untersuchungen, die das Typische und
Typologische in der Bildung von Phraseologismen in Form der
strukturell-semantischen Modellierung darstellt. Eine besondere
Bedeutung verdient hierbei ein solcher Versuch aus der genetischen
Sicht, den am Material der vergleichenden Analyse zweier slawischer
Sprachen des Russischen und Tschechischen, vorgenommen wurde.Die
unterschiedlich strukturierte syntaktische Basis der Phraseologismen
ermoeglicht innerhalb dieser Klasse fester Wortkomplexe eine semantische
Differenzierung und Spezialisierung festzustellen.

So ist die Bedeutung der phraseologischen Einheiten je nachdem, ob es
verbale oder nominale Einheiten sind, in folgender Beziehung nicht ganz
indentisch.

Fuer die verbalen Phraseologismen ist in besonderem Mass eine weite
Bedeutung kennzeichnend.

Bei den nominalen Phraseologismen ist eine Bedeutung dagegen nur bei den
Einheiten feststellbar, bei denen die „Gegenstaendichkeit” der Semantik
zuruecktritt und die Wertung ganz besonders aktuell ist. Vgl. die
nominalen phraseologischen Einheiten ein stilles Wasser, ein
totgeborenes Kind, ein unbeschriebenes Blatt und dgl. So bedeutet z.B.
(noch) ein unbeschriebenes Blatt je nach dem Kontext entweder „(noch”)
unbekannt: „Niemand kennt ihn bis jetzt, er ist hier fuer uns alle ein
unbeschriebenes Blatt, oder „(noch) ohne Kenntnisse, Erfahrungen”: der
neue Mitarbeiter ist noch ein unbeschriebenes Blatt.

Interessant ist die Tatsache, dass die Phraseologisierung einiger
syntaktischer Strukturen neben derallgemein wertnden oder
intensivierenden Semantik gleichzeitig eine weite Bedeutung voraussetzt.

Einige Typen der komporativen Phraseologismen, die mit
charakterisierender Bedeutung, sind fuer die weite Semantik besonders
praedisponiert. Das kann man z.B. an folgenden Beispielen sehen:

Der Phraseologismus dastehen (aussehen) wie bestellt und nicht abgeholt
wird in verschiedenen phraseographischen und lexikographischen Werken
folgenderweise erklaert:

Er steht da wie bestellt und nicht abgeholt. Ung. =”unsch!uessig”; wie
bestellt und abgeholt (stehen), salopp =”wartend, nichts Vernuenftiges
tuend, gelangweilt”, aussehen wie bestellt und nicht abgeholt
^’niedergeschlagen, enttaeuscht blicken”, er sieht aus wie bestellt und
nicht abgeholt, ugs. = „ersieht missmutig aus”.Wie man sieht, ist die
Semantik des Phraseologismus zwar charakterisierend, aber nicht konkret,
sondern bezeichnet die Eigenschaft sehr allgemein. Nur die Realisierung
des Phraseologismus kann den allgemeinen zustand der jeweiligen
Gemuetsverfassung oder Haltung konkretisieren als unschluessig,
gelangweilt, niedergeschlagen, ettaeuscht oder missmutig.

Aus der bildlich-motivierten Bedeutung, die auf der Basis mehrgliedriger
syntaktischen Gebilde entsteht, resultiert folglich noch eine ueberaus
wichtige semantische Eigenschaft:

Die phraseologischen Einheiten besitzen im Vergleich zu Lexem oder
anderen festen, aber nicht phraseologischen Wortkomplexen zusaetzliche
konkretisierende semantische Merkmale. Das macht die betreffende
Phraseologismen mit anderen Spracheinheiten nicht nur konnotativ,
sondern auch semantisch nicht austauschbar. So bedeutet z.B. „bis in die
Puppen (gehen)”, nicht nur „Weit”, sondern „sehr wiet” (gehen);

„jmdm den Kopf waschen”, nicht nur „jmdn. zurechtweisen” , sondern
„jmdn. scharf zurechtweisen”;

„bei jmdm. ins Fettnaepfchen treten” heisst nicht nur „es mit jmdm.
verderben”, sondern „es durch Ungeschicklichkeit oder durch eine
unbedachtsame Aeusserung verderben”.

Fuer die Subklasse „Festgepraegte Saetze” gillt es je nach der Art zu
unterscheiden: die wertende Bedeutungskomponente bei charakterisierenden
Satzredensarten und die wertend emotive bei interjektionalen und modalen
Satzredensarten. Die Semantik der Sprichwoerter kennzeichnet sie
wiederum neben der wertendenBedeutungskomponenten auch durch den
didaktischen Sinn.

Wie oben erwaehnt, sind die phraseologischen Wortfuegungen im Rahmen der
allgemeinen semantischen Charakteristik sehr differenziert.

Die Phraseologismen der Subklasse „phraseologische Verbindungen” sind
infolge ihrer besonderer Phraseologisierung auch semantisch
unterschiedlich, sie bilden analytische Wortkomplexe. Was aber diese
Verbindungen trotzdem zu Phraseologismen macht, ist die Tatsache, dass
die Bedeutung der semantisch

transformierten Konstituente einen Begriff darstellt, der auf dem Wege
der indirekten Nomination gewonnen wird. Diese Eigenschaft offenbart
sich darin, dass die Bedeutung solcher Gebilde erst durch eine
Umschreibung adaequat wiederzugeben ist. Vg. blinder Passagier = „ein
Passagier, der sich heimlich eingeschlichen hat und mitfaehrt”; eine
silberne Hochzeit = „25. Jahrestag der Eheschlissung”; aegyptisache
Finsternis = „sehr tiefe Finsternis”-

Die semantische Ganzheitlichkeit und Autonomie der Konstituenten
innerhalb des Phraseologismus

Die semantische Ganzheitlichkeit der Phraseologismen wurde erstmalig von
Ch.Bally festgestellt und spaeter in den grundlegenden Arbeiten
V.V.Vinogradovs fuer die zwei wichtigsten Gruppen der russischen
Phraseologie entwickelt.

Diese beiden Gruppen, die in unserer Darstellung des deutschen Materials
die Subklasse „phraseologische Einheiten” bilden, galten seit Vinogradov
als klassische Faelle der ganzheitlichen Bedeutung. Gerade von diesen
Gebilden hiesses, nach dem Typ Semantik seien es semantische Ganzheiten
bzw. Einheiten, denn die Umdeutung betrifft den gesamten Komponenbestand
und laesst die lexikalische Bedeutung desselben sich auffloesen in einer
neuen, phraseologischen Bedeutung. Ausschlaggebend fuer eine solche
Betrachtung der Ganzheitlichkeit war nicht nur die Tatsache, dass
Phraseologismen dieses Typs immer fuer einen Gedanken, eine Idee
gebraucht werden und dementsprechend im Satz fuer ein Satzglied stehen.
Darueber hinaus buessen die Woerter als Konstituenten der
Phraseologismen ihre morphologischen Kategorien vielfach ein. So wird in
der phraseologischen Einheit den Mund halten („schweigen”) die
Konstituente Mund nach dem Numerus nicht abgewandelt. Vgl.: dasselbe
sehen wir im Phraseologismus jmdn. an der Nase herumfuehren („jmdn.
irrefuehren”); Der Verbrecher fuehret den Polizisten an der Nase herum
(nach Friederich).

In den 70-er Jahren wurde der Grundsatz von der Ganzheitlichkeit der
phraseologischen Semantik im Sinne der voelligen phraseologischen
Einheit am Material verschiedener Sprachen ueberprueft.

Der Grund dafuer ist nicht zuletzt in der Erforschung des
syntagmatischen Aspekts der Phraseologismen zu suchen.

Das Funktionieren der phraseologischen Wortfuegungen in den Texten
brachte neue Erkenntnisse hinsichtlich der Spezifik dieser sprachlichen
Zeichen. Es erwies sich naemlich, dass die bekanntesten und
gelaeufigsten Phraseologismen neben der vollstaendigen Realisierung
ihres konstituenten Bestandes auch eine teilweise aufweisen koennen.
Eine Konstituente, haeufiger eine Gruppe von Konstitueneten kann sich
semantisch verselbstaendigen und infolgedessen eine andere kontextuelle
Umgebung haben. Man kann das an folgendem Beispiel illustrieren.

Die verbale phraseologische Einheit reien Tisch machen mit etw. oder mit
jmdm., ugs. („etw. erledigen, beseitigen, gruendliche Ordnung schaffen;
jmdn. zur Rechenschaft ziehen wegen etw.”) wird gewoehnlich in folgenden
Kontexten realisiert:

1) einen ganzen Tag lang konnte Krummhofer zukeinem Entschlusskommen,
wie er mit einem Schlag reinen Tisch machen sollte
(A.Scharrer„Dorfgeschichten”).

2) Ich muss mit Hans mal reinen Tisch machen wegen desfehlenden Buchs
(Binovie-Grisin).

Neben diesen Typen der Realisierung konnte ausserdem eine okkasionelle
Aktualisierung im Text festgestellt werden:

„… damit reinen Tisch wird,… (B.Neuhaus, „Hexen im Leich”), wo die
Konstituenten reiner Tisch eine nominale Bedeutung aufweisen. Die
verbale Bedeutung des Phraseologimus „eine schwebende unangenehme Sache
bereinigen” ist im zitierten Kontezt in eine nominale „die Bedeutung
einer schwebenden unangenehmen Sache” transponiert.

Oder: sich ins warme Nest setzen, ugs. („in gute Verhaeltnisse
einheiraten”) und eine okkasionelle Realisierung:

Mein Gott, warum habe ich die Puschka fahren, die lief mir nach wie ein
kleiner Hund und war Aerztin und hatte einen Wartburg und eine
Zweizimmerwohnung, ich Narr, mir passte ihre tiefe Stimme nicht, das
waere ein warmes Nest gewesen! (W.Steinberg „Pferdewechsel”). Ausser der
beschriebenen Autunomisierung der Kostituenten waere noch eine typische
Erscheinung zu nennen, die davon zeugt, dass die Woerter als Komponenten
der Phraseologismen fuer Muttersprachler nicht blosse bedeutungslose
Traeger einer Gesamtbedeutung sind. Es handelt sich um eine bewusste
morphologische Varrierung des Konstituentenbestandes als pragmatisches
Phaenomen.

So sind in den Texten, die praemer auf Humor orientiert sind,
Abwandlungen in den substantivischen Konstituenten feststellbar, die im
usuellen Gebrauch der phraseologischen Wortfuegungen nicht moeglich
sind:

– Unser Herr Geschichtlehrer kann es nicht, denn er sagt immer, mir
haengen Kloetzer am Bein, und sie heissen Fernstudium und der Titel
Direktor (O.Domma, „Der brave Schulter Ottokar”). Vgl. dem
entsprechenden Phraseologismus „jmdm. ein Klotz am Bein sein”, ugs.
(fuer jmdn. ein Hindernis sein”).

– Uebrigens seien die stillen Waesserchen bekanntlich oft die tiefsten
(WJoho, „Die Kastanie”). Vgl. dem entsprechenden Phraseologismus ein
stilles Wasser („jmd., der seine Gefuehle und Ansichten nicht zeigt”).

Dass die Konstituenten eines Phraseologismus nicht als bedeutungslos
empfunden werden, illustrieren zahlreiche okkasionelle Variationen des
phraseologischen Konstituentenbestandes, anderen Charakters, z.B.:

– Uebrigens sollte man nach forschen, ob seine Weste so rein ist, wie er
behauptet (W.Steinberg „Einzug der Gladiatoren”). Vgl. den
Basisphraseologismus „eine reine („oder saubere, weisse”) Weste haben”
(„nichts Unehrendes getan haben”).

Oder: Otto, der Hund liegt nicht dort begraben, wo du buddelst, sondern
ganz woanders )HJobst „Der Glueckssucher”). Vgl. den Phraseologismus da
liegt der Hund begraben, ugs. („das ist” s, worauf es ankommt; das ist
die Ursache der Schwierigkeiten, des Uebels”).

Im Zusammenhang mit den oben betrachteten Vorgaengen entsteht die Frage,
inwiefern die Theorie von der ganzheitlichen Bedeutung der
phraseologischen Einheiten der sprachlichen Realitaet adaequat ist. Bei
der Betrachtung dieses Problems ist es wichtig, folgendes zu beachten.
Die Feststellung, dass phraseologische Einheiten hinsichtlich der
ganzheitlichen Bedeutung bzw. der semantischen Teilbarkeit verschieden
seien, aendert sich in gewissem Sinne nur die Skala ihrer Variabilitaet
und derivativen Potenzen, aber nicht das allgemeine Bild, was den Status
der phraseologischen Wortfuegung angeht.

Die unbestreitbare Tatsache, dass die Woerter als Konstituenten ihre
genetische Zusammengehoerigkeit nicht voellig einbuessen, geht aus dem
Wesen der Phraseologismen hervor. Die Ganzheitlichkeit der Semantik und
ein potentielle Autonomie der Konstituenten sollen u.E. als eine
dialektische Einheit verstanden werden. Die Praezisierung, die zur
frueheren Betrachtung der ganzheitlichen Semantik zu machen waere,
betrifft folgenden Umstand:

Die Bedeutung des Phraseologismus ist insofern einheitlich bzw.
ganzheitlich, als der mehrgliedrige Komplex zur Bezeichnung eines
Denotats und nicht meherer Denotate dient, wenn auch dieses Denotat
komplexer Natur ist. Die Zusammengehoerigkeit mit den Woertern ist
dadurch nicht aufgehoben. Im Gegenteil, diese Zusammengehoerigkeit
bildet das wichtigste konstitutive Merkmal der Phraseologismen als
konnotativer sprachlicher Zeichnen. Daraus entwickelt sich die
potentielle Variabilitaet des Konstituentenbestandeszwecks der
expressiven bzw. pragmatischen Leistung.

Die Automisierung einer Konstituente oder einer Gruppe von Konstituenten
und ihre Aktualisierung in einer neuen Umgebung, mit einer neuen Valenz
und Distribution ist die Folge der sekundaeren semantischen Prozesse,
die gewoehnlich durch die strukturelle-semantische Beschaffenheit der
Phraseologismen beguenstigt wird. So sind fuer eine solche
Verselbstaendigung ganz besonders die Phraseologismen gegeignet, bei
denen die semantische Gliederung mit der syntaktischen zusammenfaelt wie
jmdm. gruenes Licht geben = „jmdm. die Erlaubnis zu etw. geben”; jmdm.
einen Baeren aufbinden = „jmdm. etwas unwahres erzaehlen”.

Das Interessanteste im Funktionieren der Phraseologismen – und das wird
von allen Sprachforschern hervorgehoben – besteht eben darin, dass die
mannigfaltigen variativen Realisierungen die Identitaet des
Phraseologismens nicht zerstoeren. Und das gilt nicht nur fuer die
okkasionelle, sondern auch usuelle Verselbstaendigung der Kompponenten,
was unter dem Terminus phraseologische Derivation in den frueheren
Arbeiten beschrieben wurde.

Zum Unterschied von der frueheren Betrachtung dieser Erscheinung waere
an dieser Stelle zu betonen, dass die Verselbstaendigung der
Konstituenten gewoehnlich nicht zum Verschwinden des betreffenden
Phraseologismus fuehrt. Er, d.h. der Basisphraseologismus (fuehrt) und
das Derivat existieren in der Sprache parallel nebeneinander, wenn sich
die beiden kategorialsemantisch unterscheiden. Das illustrieren die
bekannten Beispiele der verbalen Phraseologismen und ihrernominalen
Derivate:

Jmdm. einen Korb geben, ugs. („einen Mann abweisen, seine Werbung
zurueckweisen: etwas ablehnen”) der Korb, umg.)”Ablehnung eines
Antrages, Angebots”); einen Bock schiessen, salopp)”einen Fehler
machen”) der Bock, salopp („Fehler, peinlicher Verstoss”).

Abschliessend waeren zum Problem der semantischen Ganzheitlichkeit und
der Autonomie der Konstituenten innerhalb des Phraseologismus folgendes
zu bemerken.

Unter semantischen Ganzheitlichkeit des Phraseologismus ist die Endphase
einer „zentripetalen” Entwicklung zu verstehen, wenn eine variable
syntaktische Wortverbindung, -gruppe oder ein Satz phraseologisiert
wird. Die semantische Ganzheitlichkeit ist primaer in dem Sinne zu
verstehen, dass ein Wortkomplex eine Idee, einen Gedanken, ein Urteil
repraesentiert. Die Konstituenten des Phraseologismus, ob teilbar oder
unteilbar, sind Traeger einer Gesamtbedeutung und nur als solche
relevant. Der Grad der semantischen Ganzheitlichkeit ist fuer diese
Existenzphase des Phraseologismus nicht wesentlich.

Beim Funktionieren des Phraseologismus beginnt eine „zentrifugale”
Entwicklung, die potentiell zur Autonomisierung der Konstituenten
fuehren kann. Diese sekundaeren semantischen Prozesse werden durch die
strukturell-semantische Beschaffenheit der Phraseologismen beguenstigt.

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Strukturbeschreibung und automatische Analyse.

Verlag Tuebingen, 1973

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